Da viele in unserem Umfeld Nachwuchs erwarteten und bekommen hatten, waren wir auch wieder bereit schwanger zu werden.
Ich hab mit der Pille aufgehört und wurde dann nach 5.Monaten endlich schwanger.
Eingeschlagen hat es dann an Weihnachten.
Die erste Kontrolle hatten wir bereits in der 6.SSW, um zu sehen, ob sich sich das Ei auch richtig eingenistet hatte.
Als wir bei der Untersuchung einen positiven Befund hatten von einer intakten Gebärmutter-Schwangerschaft waren wir super glücklich. Aber doch noch sehr vorsichtig...weil wir wussten, dass es mal gerade die erste Hürde war, die positiv war und noch andere auf uns warten würden.
Mir ging es gesundheitlich eigentlich ganz gut, bis auf die normalen Schwangerschaftsproblemchen wie Übelkeit, Müdigkeit,...
Auch die nächste Hürde war geschafft. Als festgestellt wurde, dass auch nach den ersten 3.Monaten das Herz noch fest schlägt und beim Baby alles gut war.
Dach dem Bescheid freuten wir uns natürlich noch mehr und haben danach auch unsere Amelie darauf vorbereitet, dass sie bald grosse Schwester wird.
Da sie es liebt zu bäbele, hat sie sich natürlich sehr darauf gefreut.
Den kleinen Bauchzwerg spürte ich auch schon ziemlich bald in mir treten und boxen. Und ich fands toll...auch wenn ich nachts oft davon wach wurde.
Ab uns an merkte ich, dass es mir ein wenig zu viel wird mit Arbeit und Amelie. Und hab daher die Sportkurse die ich zusätzlich noch leitete mit Ende des 5.Monat aufgehört.
Die Wochen vergingen und dann war schon das Organscreening in der 22.Woche da.
Es gab keine Auffälligkeiten..alles sah gut aus laut Gynäkologin.
Nach dieser Nachricht konnten wir uns endlich entspannen und uns auch wirklich darauf freuen. Ich merkte die Bewegungen des Babys einfach anders als ich es von Amelie kannte. Da ich diesmal eine Vorderwand-Plazenta hatte.
Am Mittwoch den 5.6.2019 hatte ich eine normale Kontrolle bei der Hebamme(26.Woche).
Da sie aber den Herzschlag des Babys nicht finden konnte, meinte sie ich sollte ins Spital zum Ultraschall.
Auf dem Weg von der Hebamme ins Spital rief ich meinen Mann an, damit er mich zum Termin im Spital begleitete.
Im Spital angekommen gingen wir mit zwei Ärztinnen in ein Untersuchungszimmer und sie fingen gleich mit dem Ultraschall an.
Es war so ruhig und ich sah sofort, dass etwas nicht stimmte.
Das Herz, dass ansonsten so schnell schlug war stehen geblieben.
Ich musste die Worte der Ärztin nicht abwarten, ich wusste was los war.
Aber ich wollte es einfach nicht glauben. Mir wurde angeboten, in einem zweiten Untersuchungsraum es noch mit einem anderen Gerät zu probieren.
Aber ich wusste, dass es nichts ändern würde...
Nachdem die Ärztinnen uns für 10min alleine die furchtbare Nachricht verarbeiteten liessen, kamen sie nochmals für einen Ultraschall. Weil es Pflicht war noch einen als Kontrolle zu machen. Ich konnte und wollte gar nicht mehr auf den Bildschirm sehen.
Mein Mutterherz machte einen Aussetzer, weil Dein Herz aufhörte zu schlagen geliebtes Kind.
Uns wurde empfohlen, dass Kind sofort auf die Welt zu bringen, da ansonsten eine Gefahr für die Mutter bestehen könnte. Aber davon konnte ich nicht hören, ich wollte einfach nur mehr nach Hause uns mir die Augen ausheulen.
Am Heimweg telefonierte ich noch mit meiner Hebamme, die mir riet die Geburt erst dann einzuleiten sobald ich dazu bereit war.
Nach einer kurzen Nacht telefonierte ich gleich am Donnerstag Morgen mit kindsverlust.ch (https://www.kindsverlust.ch/)
Sie haben uns über unsere Möglichkeiten und Rechte informiert.
Am Nachmittag hatten wir dann ein Aufklärungsgespräch mit einer Hebamme vom Spital. Und auch mit einem jungen Arzt, der eindeutig kein Gefühl hatte für diese Situation. Auch an diesem Tag entschied ich mich wieder gegen die Einleitung, da ich einfach noch nicht bereit war.
Wir hatten eigentlich eine Hausgeburt geplant, da es aber leider im zweiten Trimester nicht möglich ist, da sich die Plazenta zu 90% nicht richtig löst und dann eine Kürettage notwendig ist.
Trotz der Umstände einer stillen Geburt wollte ich mir die Erfahrung eines schönes Geburtserlebnis nicht nehmen wollen, daher schrieb ich einen Geburtsplan mit meinen Wünschen um unseren Bauchzwerg trotzdem so schön wie möglich empfangen zu können.
Am Freitag entschieden wir uns dann mit der Einleitung der Geburt zu beginnen, sprich die Tablette zur Lockerung der Muttermundes. Und am Sonntag dann wieder zukommen um die Geburt richtig Einleitung zu können.
Meine persönliche Hebamme empfiehl mir aber die Geburt mit Wehentee und Kamillentampons selber versuchen einzuleiten, dass ich dann auch machte.
Wir konnten trotz unserer Trauer ein paar Dinge für die Geburt vorbereiten, die für uns wichtig waren und auch meine Familie aus Österreich war da.
Amelie bekam unsere Trauer natürlich mit und wusste auch, dass es wegen dem Baby war. Aber natürlich konnte sie nicht ganz verstehen war passiert war oder was los ist.
Das Wochenende verging schleppend und ich war in einem Gefühlschaos gefangen.
Am Sonntag, 9.06.2019 wachte ich um 03.40 auf wegen ziehen im Unterleib...Unregelmässige Wehen.
um 9.00 Uhr fuhren wir dann zu unserem Termin ins Spital. Zu dieser Zeit kamen die Wehen alle 5-6 Minuten.
Mittags kamen sie dann alle 2Minuten. Die Hebamme liess mir Wasser in die Wanne und ich konnte mich darin ein wenig entspannen und die Wehen verarbeiten.
Nach 2 Stunden in der Wanne wollte ich dann raus. die Wehen kamen zwar alle 2Minuten, aber dauerten nicht so lange daher öffnete sich der Muttermund nicht und war immer noch bei 2cm.
Dann versuchte ich es im Stehen, Hocken, liegen, ... So ging das Stunden lang.
Die Hebamme probierte es auch mit Akupunktur um die Geburt zu beschleunigen.
So gegen 20.00 Uhr entschied ich mich dann für eine Infusion gegen die Schmerzen. Aber die half mir leider auch nicht wirklich. Und da der Muttermund immer noch bei 2cm war, bekam ich nochmals Tabletten vaginal um den Muttermund weich zu machen.
Ich war einfach nur noch müde, die letzten Nächte konnte ich schon nicht schlafen und meine Kräfte waren am Ende. Es tat alles nur noch weh.
Gegen 22.00 Uhr entschieden wir und dann für eine PDA. Eigentlich wollte ich das nie, aber ich hatte keine Kraft mehr. Und da ich wusste, dass es dem Baby nichts mehr machen konnte, stimmte ich dann zu.
Als die PDA zu wirken begann, konnte ich auch endlich mal die Augen schliessen und mich ausruhen.
Um 23.20Uhr wurde ich dann wach. Ich merkte, dass ich jetzt einfach pressen wollte. Und um 23.45Uhr kam unser Bauchzwerg auf die Welt in intakter Fruchtblase. Es dauerte ein wenig bis die Hebamme die Fruchtblase öffnen konnte und dann legte sie mir unseren kleinen Bauchzwerg auf den Oberkörper. Es war ein schönes, aber auch furchtbares Gefühl unser kleines Baby auf mir zu haben.
Da wir uns überraschen lassen wollten, erfuhren wir auch, dass es ein kleines Mädchen ist. Und wir waren uns sofort auf den Namen Nora einig.
Witzigerweise hatten wir den vorher nie so wirklich am Schirm. Aber es passte perfekt.
Ich beobachtete sie von oben bis unten...alles war da. Kopf, Augen, Stupsnase, Mund, Ohren, Oberkörper, Arme, Hände, laange Beine und winzige Füsse.
Sie sah aus wie ein normales Baby..einfach nur zu klein.
Nachdem ich sie eine zeitlang Haut auf Haut auf mir liegen hatte, suchten wir uns Kleider für die aus. Doch davor wollten wir sie unbedingt noch Messen und Wiegen lassen - 28cm lang und 460g schwer.
Auch Fussabdrücke wurden noch gemacht. Perfekte kleine Fussabdrücke von unserer kleinen Nora.
& Fotos wurden auch von der Hebamme geschossen.
Um 3.30 Uhr wurde ich dann für die Operation geholt und die kleine Nora blieb bei ihrem Papi.
Da ich ja noch den Port von der PDA hatte, entschied ich mich für einen Teilnarkose. Ich zitterte und bebte vor lauter Aufregung die uns dieser Tag gebracht hatte. Während der Operation konnte ich Musik hören mit Hörer. Als ich gefragt wurde, was ich den gerne hören möchte, war ich überfordert. Ich konnte keine richtige Antwort geben. Ich wollte eigentlich nur so schnell wie möglich wieder zurück ins Zimmer zu meiner kleinen Nora und auch zu meinem Mann. Für den es bestimmt auch nicht einfach war, mit ihr allein in diesem Zimmer.
Gefühlt dauerte es Ewigkeiten bis ich endlich wieder ins Zimmer zurück zu ihnen durfte. Und sofort kuschelte ich mit unserer kleinen Tochter weiter.
Und mein Mann bekam ein Bett gleich neben uns.
Ich versuchte ein wenig zu schlafen, mit der kleinen Nora neben mir...und nicht mehr in mir.
Am nächsten Tag kam meine Kollegin die Fotos von Nora und uns gemeinsam als Familie machte über herzensbilder.ch
Danach kam meine Familie mit Amelie.
Amelie lernte ihre kleine Schwester kennen und redete und streichelte Nora. Es war ein schöner Moment.
Auch meine Schwestern und meine Mama hatten Nora noch im Arm um sie kennenzulernen, aber auch gleichzeitig um sich verabschieden zu können. Ebenso wurde unsere kleine Maus von einem Pfarrer gesegnet.
Als wir nach Hause gingen (ohne Nora) war es so schwer. Das Spital mit Babybauch zu betreten und ohne Kind und ohne Baby im Bauch zu verlassen. Es war so schwierig und so falsch. Ich hatte solche Schuldgefühle sie dort alleine zu lassen. Jedoch wurden wir von unserer Grossen zuhause auch gebraucht. Eigentlich wollte ich Nora mit nach Hause nehmen, aber es sprachen dann ein paar Dinge dagegen.
Daher haben wir Nora einfach am nächsten Tag wieder auf der Gebärstation besucht und haben uns dann auch verabschiedet und in den Sarg, den wir selber mit Amelie bemalt hatten, gebettet und ihr ein paar Briefe und symbolische Dinge hineingelegt.
Ich hatte auch mit dem Milcheinschuss zu kämpfen. Die Ärzte im Spital wollten mir unbedingt Medikamente gegen den Milcheinschuss geben. Damit ich mich darum nicht kümmern muss und es einfacher ist für mich. Für mich war es aber nicht der richtige Weg und daher entschied ich mich auszustreichen und die Milch zu sammeln für Muttermilchschmuck. Um eine weitere Erinnerung zu erschaffen an unsere geliebte kleine Nora.
Wir haben Nora bzw. ihren Körper auf all ihren Wegen danach noch begleitet:
Am 18.06.2019 haben wir sie vom Spital abgeholt und mit unserem Privatauto zum Krematorium gebracht. Es war so surreal an die schwangeren Frauen und Mütter mi Kinderwagen vorbei zu fahren und selber hat man das tote Baby am Schoss.
Als wir beim Krematorium angekommen waren, viel es mir so schwer sie herzugeben. Ich entriss dem zuständigen Mann nochmals den kleinen Sarg und hielt ihn einfach fest bei mir als ich am Boden lag. Ich sagte ihr, wie sehr ich sie liebe und vermisse.
Wir sahen auch zu als der kleine Sarg in den Brennofen fuhr. So ein Schmerz - so viele Tränen. Ein paar Stunden später durften wir die Urne mit ihrer Asche dann mit nach Hause nehmen, wo wir sie ins Wohnzimmer stellten. Neben den Bildern von ihr und den Kerzen, die wir täglich für sie anzündeten.
Am 1.Juli 2019 war die Trauerfeier mit anschliessender Beisetzung.
Ich wollte die Trauerfeier so schön wie möglich für sie gestalten und es half mir auch. Wir wählten die Texte und Gedichte aus die gelesen werden sollte und auch die Lieder die live von einer Kollegin gesungen wurden. Ebenso die Dekoration in der Kapelle war mir sehr wichtig.
Die Beisetzung selber war sehr schön und wir haben uns sehr gefreut, dass uns so viele an diesem schweren Tag begleitet und unterstützt haben.
Ich hab bereits von Freundinnen die Rückmeldung bekommen, dass wir es uns nicht einfach gemacht haben, mit den Entscheidungen danach. Viele meinten, es wäre doch besser gewesen es einfach weg machen zu lassen.
Einfach wäre es vielleicht gewesen.. aber es wäre nicht der richtige Weg für mich bzw. uns gewesen.
Ich vermisse dich so sehr
Wir werden dich nie vergessen & für immer in unseren Herzen tragen 💗